Pflanzenbau Politik

Hauk stellt umfassenden Notfallplan Wald vor

Zu einem Waldgipfel in Stuttgart hatte Forstminister Peter Hauk am 2. September 50 Vertreter von Eigentümern, Naturschutz, ForstBW, Praxis und gesellschaftlichen Gruppen eingeladen. Ein Notfallplan wurde diskutiert und anschließend der Presse vorgestellt.

Auf mindestens 10000 Hektar Schadfläche wird die klimabedingte Waldzerstörung im Jahr 2019 von ForstBW geschätzt. „Laut Bundeswaldinventur haben wir in Baden-Württemberg die meisten naturnahen Mischwälder. Aber auch diese werden jetzt aufgefressen und liegen flächenhaft schon am Boden. Für uns ist klar: Der Wald der Zukunft muss zwei Zielen entsprechen – Naturnähe und Klimastabilität“, betonte Forstminister Hauk zu Beginn der Veranstaltung.

Suche nach robusten Baumkandidaten
Alle heimischen Baumarten sind selbst in ihren natürlichen Verbreitungsgebieten von Hitze und Trockenheit geschädigt: Kiefern im Rheintal, Tannen auf 700 Meter Höhenlage, Buchen in Hohenlohe, Fichten auf dem Feldberg. Die Lage ist also bedrohlich, wenngleich FVA-Direktor Konstantin von Teuffel bei der Pressekonferenz einschränkte, dass Fichten, Tannen, Buchen und Eichen wahrscheinlich nicht völlig aus dem Landschaftsbild verschwinden werden. Um jedoch die Verluste abzufangen, seien die Suche nach und das Auffinden von Einzelbäumen der genannten Arten unverzichtbar, die genetisch besser an das veränderte Klima angepasst sind. Diese Genetiken müssten dann systematisch in Baumschulen vermehrt werden, um geeignetes Pflanzgut in großer Menge zu erzeugen. Auch das Aufforsten mit „exotischen“ Baumarten ist prinzipiell eine Möglichkeit, den heimischen Wald klimastabiler zu machen, das wurde in Stuttgart angesprochen. Hier dürfe keine Möglichkeit von vorneherein ausgeschlossen werden, ist von Teuffel überzeugt. Allerdings sind beispielsweise auch Baumarten aus dem trocken-heißen Mittelmeerraum keine Patentlösung. „Mediterrane Pflanzen vertragen Kälte, längere Feuchtigkeit und tiefe Wintertemperaturen, die in unserem Klima weiter vorkommen werden, nicht“, ergänzte Minister Peter Hauk. Auch ausländische „Kandidaten“ müssten auf Herz und Nieren für ihre Eignung geprüft werden. Deshalb plane ForstBW, zukünftig je 1000 Hektar Wald einen Hektar Versuchsfläche mit neuen Baumarten anzulegen. Bezogen auf das Stadtgebiet Stuttgart seien dies beispielsweise sieben Hektar. Hauk machte darauf aufmerksam, dass es im öffentlichen Interesse liege, dass die jetzt zerstörten Waldflächen wieder aufgeforstet und die Waldeigentümer von der Gesellschaft dabei unterstützt werden.

Die Geldfrage
Der Dreh- und Angelpunkt aller im Notfallplan aufgeführten Maßnahmen ist natürlich die Frage, ob und wie das erforderliche Geld im Landeshaushalt verfügbar sein wird. Laut Hauk kann ForstBW, anders als in den vergangenen Jahren, keine Überschüsse mehr aus der Waldbewirtschaftung an das Finanzministerium überweisen. Es seien beachtliche Verluste zu verbuchen und die Landesforstverwaltung müsse viele Mittel für den Ausgleich der Klimaschäden aufwenden. Ergänzend zu der erforderlichen Unterstützung in zweistelliger Millionenhöhe aus dem Landeshaushalt schlug der Minister in Stuttgart spontan als Idee vor, eine landesweite „Anleihe Wald“ aufzulegen, um genügend Kapital einzusammeln.

Haftungsfragen
Die Verkehrssicherungspflicht ist ein weiteres Problem für die Waldeigentümer. Nach § 823 des BGB haftet derjenige, der einen Schaden verursacht. In der Praxis der Rechtsprechung entstanden daraus Urteile, dass beispielsweise ein Waldeigentümer dafür haftet, wenn ein dürrer Ast herunterfällt und einen Spaziergänger verletzt oder ein Auto demoliert. Hauk stellte in Aussicht zu prüfen, ob es möglich sei, im Landeswaldgesetz eine Regelung festzuschreiben, die den Gerichten die Linie vorgebe, dass vom Wald in Zeiten des Klimawandels natürlicherweise besondere Gefahren für Sachen und Menschen ausgehen, für die der Eigentümer nicht verantwortlich gemacht werden könne.

Wirtschaftswald geht vor Bannwald
Auf eine andere Frage einer Journalistin antwortete der Minister klar, dass das Land keine weiteren Bannwälder mehr anlegen werde. Die im Koalitionsvertrag festgeschriebenen Flächenanteile würden akkurat eingehalten, aber nicht weiter ausgedehnt. Stillgelegte Wälder, in denen das Holz am Boden verrottet, seien in Zeiten des Klimawandels nicht das Mittel der Wahl. Der Kohlenstoff bzw. das CO2 befinde sich dort in einem permanenten Kreislauf zwischen Pflanzenbestand und Atmosphäre. Wenn Deutschland Kohlendioxid aus der Luft entnehmen und speichern wolle, sei die Produktion von Holz praktisch der einzige Weg, und dafür „ist die Produktivität der Wälder entscheidend“, ist Hauk überzeugt.

Je länger der Kohlenstoff im Holz gebunden bleibe, desto besser für das Erdklima. Die energetische Verwertung, also Verbrennung von Holz könne helfen, fossile Energieträger einzusparen. Noch besser, weil auf Jahrzehnte bis Jahrhunderte angelegt, sei es, Holz zu verbauen. „35 Prozent der Einfamilienhäuser sind mit Holz gebaut und 20 Prozent der Mehrfamilienhäuser. Ich sehe da noch viel Luft nach oben“, gab der Minister zu bedenken. Hauk betonte in Stuttgart, dass die Realisierung des Notfallplanes nur ein erster Schritt sein  könne. Mitte 2020 will er Eckpunkte für einen „Masterplan Wald 2050“ vorlegen. Die Etablierung neuer Baumbestände nehme Jahrzehnte in Anspruch.

Raiser

Der Notfallplan in Stichworten:
Folgende Aktionsfelder und Maßnahmen des Notfallplans hat Minister Hauk in Stuttgart vorgestellt:

  • Suche nach neuen Lösungsansätzen für die Klimaschäden im Wald
  • Intensivierung von Beratung und Betreuung
  • Finanzielle Förderung der Waldeigentümer
  • Unterstützung der Holzvermarktung auf Landesebene
  • Forschung forcieren
  • Personelle Aufstockung
  • Finanzielle Aufstockung