Verbandsarbeit

Kommentar: Lern doch erst mal was Gscheits

1969 endete meine Schulzeit. Was machsch du denn nach de Schuel, lernsch ebbis oder blibsch daheim? Das war eine Frage, die mir Eltern von Schulkameraden stellten.

Ich konnte das nicht verstehen und auch nicht einordnen, was damit gemeint war. Für mich war immer klar, ich will Landwirt werden, so wie meine Eltern und Großeltern. Da war der Hof, das Zusammenleben in drei Generationen mit allen positiven und negativen Dingen, mit der Arbeit, die nach der Schule und in den Ferien auf mich wartete und nie aufhören wollte – eben alles, was dazugehört.

Ich konnte nicht sehen, was daran falsch sein sollte. Im Gegenteil: Für mich war es immer befremdlich, wenn Väter auswärts arbeiteten und erst abends nach Hause kamen und die Mütter entweder auch zur Arbeit gingen oder eine kleine Landwirtschaft betrieben und selber Traktor fuhren. Und so begann ich die landwirtschaftliche Lehre: Ich lernte Grundbegriffe des Ackerbaus, der Tierhaltung, es gab Lehrlingstreffen auf anderen Betrieben und ich konnte sehen, was andere so machen, es gab an Samstagen technischen Unterricht, wir lernten schweißen und verstanden, wie ein Motor und eine Regelhydraulik funktionieren. Und dann kam die „Fremdlehre“, ein ganzes Jahr weg von daheim in einer zunächst fremden Familie, auf einer komplett anderen Art von Betrieb, als ich sie bis  dahin kannte. Was für ein prägendes Erlebnis, was für eine Chance, meinen Blick zu weiten. Und wieder Neues zu lernen. Viele Jahre sind seither  vergangen und viele Dinge haben sich geändert. Was sich nicht geändert hat: Um im Leben zurechtzukommen, braucht es immer noch eine gute Grundlage, ein Basiswissen, auf dem aufgebaut werden kann, mit dem  Entscheidungen getroffen werden können. Die Basis dazu ist eine grundsolide und doch moderne theoretische und praktische Ausbildung, wie sie heute in der landwirtschaftlichen  Berufsschule und auf Ausbildungsbetrieben angeboten wird. Der Beruf des Landwirts ist komplex und vielfältig, er berührt so viele Bereiche anderer Berufe wie keiner sonst. Ein Beruf, der viele Herausforderungen und Chancen bereithält, ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Heute kann ich erkennen, dass in dem Spruch von damals eine gewisse Abwertung der Landwirtschaft lag. Man dachte wohl und meinte, dass alles, was uns vom Boden und der Mühsal des Landlebens wegbringt, ein sozialer Aufstieg sei. Leider ist das teilweise auch in den eigenen Reihen heute noch so. Ich erlebe das noch heute völlig anders.

Friedbert Schill

Kommentar: Lern doch erst mal was Gscheits
Friedbert Schill, Vorstandsmitglied des BLHV und Vorsitzender des Bildungsausschusses