Interview mit AgraEurope
BLHV-Präsident Bernhard Bolkart ist auch Vorsitzender des Fachausschusses Nebenerwerbslandwirtschaft beim Deutschen Bauernverband. Was sind seine Einschätzungen zu Themen, die für Nebenerwerbslandwirte von Bedeutung sind?
Welchen Stellenwert hat die Nebenerwerbslandwirtschaft aktuell für den DBV?
Wir stellen fest, dass sich immer mehr Betriebe mit der Diversifizierung und mit der Einkommenskombination auseinandersetzen. Dieser Veränderung versuchen wir mit dem Ausschuss gerecht zu werden. Dabei geht es um ganz neue Fragestellungen, angefangen beim steuerlichen Bereich über betriebswirtschaftliche Themen bis hin zu Genehmigungsverfahren. Da bieten wir Hilfestellung an.
Wenn ich mir die Verlautbarungen des Bauernverbandes der letzten Monate anschaue, ist darin die Nebenerwerbslandwirtschaft kein Thema. Täuscht der Eindruck oder dominieren doch eher die großen Themen des Berliner Politikbetriebs?
Themen wie Stoffstrombilanz oder Agrardiesel betreffen auch den Nebenerwerb und die Einkommenskombination massiv. Vor etwa 20, 30 Jahren war das noch anders. Da gab es Themen, die nur für den Nebenerwerb relevant waren, etwa im Sozialversicherungsbereich. Das haben wir nicht mehr in diesem Maße. Anders sieht es bei der speziellen Herausforderung mit der Doppelbelastung im klassischen Nebenerwerb aus, also wenn jemand außer Haus arbeiten geht und nebenher die Landwirtschaft betreibt. Da schauen wir sehr genau drauf. Aber es geht ja auch um die Einkommenskombination, etwa mit Biogas, Landschaftspflegearbeiten oder Ähnlichem. Da haben wir immer Überschneidungen mit den Themen der klassischen Landwirtschaft.
Was sind derzeit die wichtigsten Themen auf den Nebenerwerbsbetrieben?
Im Mittelpunkt steht die Frage, wie man den außerlandwirtschaftlichen Beruf mit dem Betrieb daheim kombiniert bekommt. Wir erleben bereits seit einigen Jahren im klassischen Nebenerwerb, dass die Arbeitgeber nicht mehr so viel Verständnis haben, zum Beispiel wenn man kurzfristig zwei, drei Tage Urlaub für die Ernte benötigt. Die Nebenerwerbslandwirte arbeiten zum Teil an sehr teuren Maschinen bei ihrem Arbeitgeber oder an Arbeitsplätzen, die eine umfängliche Präsenz verlangen. Daher sind sie dort nicht so ohne Weiteres abkömmlich.
Gerade im Südwesten wird auf manchen Nebenerwerbsbetrieben auch Sonderkulturanbau betrieben. Wie schätzen Sie dessen Zukunft nach der schrittweisen Anhebung des Mindestlohns von 12,82 Euro auf 13,90 Euro zum 1.1.2026 und auf 14,60 Euro zum 1.1.2027 ein?
Die Anhebung des Mindestlohns ist noch einmal eine große Herausforderung. Wir befürchten gerade im Sonderkulturbereich, dass uns sehr viele Betriebe verloren gehen. Die Zeichen insgesamt sind auf Sturm gestellt. Wo Maschinen händische Arbeit ersetzen werden können, da wird es vielleicht nicht diesen großen Rückgang geben – aber überall dort, wo die händische Arbeit Grundlage ist.
An welcher anderen Stelle erwarten Sie konkrete Entlastungen seitens der Politik?
Wir haben die 70-Tage-Regelung für Saisonarbeitskräfte. Vielleicht kriegen wir da eine entsprechende Erweiterung auf 90 Tage hin. Klarheit muss es bei den Prüfungen der Sozialversicherungspflicht und der Berufsmäßigkeit geben. Landwirte dürfen nicht länger verantwortlich gemacht werden, wenn es Versäumnisse oder falsche Angaben gibt.
Welche Bedeutung haben die Stromsteuer und die Agrardieselrückvergütung für Nebenerwerbsbetriebe?
Beim Agrardiesel ist es die große Herausforderung, in das Elster-Programm hineinzukommen. Wenn man das geschafft hat, geht der Agrardieselantrag relativ flott. Bei der Stromsteuer haben wir im Prinzip dasselbe. Wir versuchen, als Bauernverband eine entsprechende Dienstleistung anzubieten. Die wird über alle Betriebstypen relativ gut nachgefragt.
Auch im Südwesten geht die Tierhaltung immer weiter zurück. Worin sehen Sie die Ursachen hierfür?
Im Südwesten hatten wir gerade im Veredlungsbereich in der Vergangenheit immer einen guten Metzgermarkt. Dieser bricht mittlerweile zusammen. Metzger schlachten zum Großteil nicht mehr selbst und kaufen das Fleisch zu. Generell fehlen in der Tierhaltung Planungssicherheit und Perspektive. Zudem steht die Tierhaltung immer wieder in der Kritik. Das macht den Betrieben mittlerweile zu schaffen. Gerade, weil sich die Landwirte auch persönlich angegriffen fühlen. Auch schlagen die immens gestiegenen Baukosten zu Buche. Der Milchpreis zum Beispiel ist derzeit okay. Aber wenn ich mit dem Milchpreis neu bauen muss, dann habe ich auch wieder ein Problem.
Würde die Umsetzung des Borchert-Konzepts den Rückgang der Tierhaltung im Südwesten stoppen oder ist es schon zu spät dafür?
Wenn ich mir im Südwesten die Veredlung anschaue, ist da schon sehr vieles entschieden. Ich glaube nicht, dass da noch sehr viel zurückgeholt wird. Im Rinderbereich würde das Konzept sicherlich helfen, Ställe entsprechend umzubauen und finanziell Planungssicherheit zu geben. Ganz entscheidend wird die Akzeptanz in der Bevölkerung sein. Die Tierhaltung ist einfach massiv in die Kritik gekommen. Im Süden dürfen wir auch nicht vergessen, dass wir immer mehr die Schlachthofstrukturen verlieren.
Aus welchen Haltungsstufen stehen den Schlachthöfen überhaupt noch Tiere zur Verfügung?
Ich höre von vielen Berufskolleginnen und -kollegen, dass sie gern in eine höhere Haltungsstufe wechseln würden. Ihnen fehlt aber die Planungssicherheit, um eine solche Investition auch zu amortisieren.
Zum Abschluss ein Blick in die Zukunft: Im Juni nächsten Jahres findet der Bauerntag erstmals seit 2003 wieder in Freiburg statt. Welche Themen wollen Sie weit weg von der „Berliner Blase“ platzieren?
Es ist der Deutsche Bauerntag. Da gibt der DBV die Themen vor. Wir werden natürlich versuchen, unsere speziell südbadischen Themen etwas in den Vordergrund zu spielen mit der Kleinstrukturiertheit und der Vielfalt, die wir hier haben.
Quelle: AgraEurope
Interview mit AgraEurope
BLHV-Präsident Bernhard Bolkart ist auch Vorsitzender des Fachausschusses Nebenerwerbslandwirtschaft beim Deutschen Bauernverband. Was sind seine Einschätzungen zu Themen, die für Nebenerwerbslandwirte von Bedeutung sind?
Welchen Stellenwert hat die Nebenerwerbslandwirtschaft aktuell für den DBV?
Wir stellen fest, dass sich immer mehr Betriebe mit der Diversifizierung und mit der Einkommenskombination auseinandersetzen. Dieser Veränderung versuchen wir mit dem Ausschuss gerecht zu werden. Dabei geht es um ganz neue Fragestellungen, angefangen beim steuerlichen Bereich über betriebswirtschaftliche Themen bis hin zu Genehmigungsverfahren. Da bieten wir Hilfestellung an.
Wenn ich mir die Verlautbarungen des Bauernverbandes der letzten Monate anschaue, ist darin die Nebenerwerbslandwirtschaft kein Thema. Täuscht der Eindruck oder dominieren doch eher die großen Themen des Berliner Politikbetriebs?
Themen wie Stoffstrombilanz oder Agrardiesel betreffen auch den Nebenerwerb und die Einkommenskombination massiv. Vor etwa 20, 30 Jahren war das noch anders. Da gab es Themen, die nur für den Nebenerwerb relevant waren, etwa im Sozialversicherungsbereich. Das haben wir nicht mehr in diesem Maße. Anders sieht es bei der speziellen Herausforderung mit der Doppelbelastung im klassischen Nebenerwerb aus, also wenn jemand außer Haus arbeiten geht und nebenher die Landwirtschaft betreibt. Da schauen wir sehr genau drauf. Aber es geht ja auch um die Einkommenskombination, etwa mit Biogas, Landschaftspflegearbeiten oder Ähnlichem. Da haben wir immer Überschneidungen mit den Themen der klassischen Landwirtschaft.
Was sind derzeit die wichtigsten Themen auf den Nebenerwerbsbetrieben?
Im Mittelpunkt steht die Frage, wie man den außerlandwirtschaftlichen Beruf mit dem Betrieb daheim kombiniert bekommt. Wir erleben bereits seit einigen Jahren im klassischen Nebenerwerb, dass die Arbeitgeber nicht mehr so viel Verständnis haben, zum Beispiel wenn man kurzfristig zwei, drei Tage Urlaub für die Ernte benötigt. Die Nebenerwerbslandwirte arbeiten zum Teil an sehr teuren Maschinen bei ihrem Arbeitgeber oder an Arbeitsplätzen, die eine umfängliche Präsenz verlangen. Daher sind sie dort nicht so ohne Weiteres abkömmlich.
Gerade im Südwesten wird auf manchen Nebenerwerbsbetrieben auch Sonderkulturanbau betrieben. Wie schätzen Sie dessen Zukunft nach der schrittweisen Anhebung des Mindestlohns von 12,82 Euro auf 13,90 Euro zum 1.1.2026 und auf 14,60 Euro zum 1.1.2027 ein?
Die Anhebung des Mindestlohns ist noch einmal eine große Herausforderung. Wir befürchten gerade im Sonderkulturbereich, dass uns sehr viele Betriebe verloren gehen. Die Zeichen insgesamt sind auf Sturm gestellt. Wo Maschinen händische Arbeit ersetzen werden können, da wird es vielleicht nicht diesen großen Rückgang geben – aber überall dort, wo die händische Arbeit Grundlage ist.
An welcher anderen Stelle erwarten Sie konkrete Entlastungen seitens der Politik?
Wir haben die 70-Tage-Regelung für Saisonarbeitskräfte. Vielleicht kriegen wir da eine entsprechende Erweiterung auf 90 Tage hin. Klarheit muss es bei den Prüfungen der Sozialversicherungspflicht und der Berufsmäßigkeit geben. Landwirte dürfen nicht länger verantwortlich gemacht werden, wenn es Versäumnisse oder falsche Angaben gibt.
Welche Bedeutung haben die Stromsteuer und die Agrardieselrückvergütung für Nebenerwerbsbetriebe?
Beim Agrardiesel ist es die große Herausforderung, in das Elster-Programm hineinzukommen. Wenn man das geschafft hat, geht der Agrardieselantrag relativ flott. Bei der Stromsteuer haben wir im Prinzip dasselbe. Wir versuchen, als Bauernverband eine entsprechende Dienstleistung anzubieten. Die wird über alle Betriebstypen relativ gut nachgefragt.
Auch im Südwesten geht die Tierhaltung immer weiter zurück. Worin sehen Sie die Ursachen hierfür?
Im Südwesten hatten wir gerade im Veredlungsbereich in der Vergangenheit immer einen guten Metzgermarkt. Dieser bricht mittlerweile zusammen. Metzger schlachten zum Großteil nicht mehr selbst und kaufen das Fleisch zu. Generell fehlen in der Tierhaltung Planungssicherheit und Perspektive. Zudem steht die Tierhaltung immer wieder in der Kritik. Das macht den Betrieben mittlerweile zu schaffen. Gerade, weil sich die Landwirte auch persönlich angegriffen fühlen. Auch schlagen die immens gestiegenen Baukosten zu Buche. Der Milchpreis zum Beispiel ist derzeit okay. Aber wenn ich mit dem Milchpreis neu bauen muss, dann habe ich auch wieder ein Problem.
Würde die Umsetzung des Borchert-Konzepts den Rückgang der Tierhaltung im Südwesten stoppen oder ist es schon zu spät dafür?
Wenn ich mir im Südwesten die Veredlung anschaue, ist da schon sehr vieles entschieden. Ich glaube nicht, dass da noch sehr viel zurückgeholt wird. Im Rinderbereich würde das Konzept sicherlich helfen, Ställe entsprechend umzubauen und finanziell Planungssicherheit zu geben. Ganz entscheidend wird die Akzeptanz in der Bevölkerung sein. Die Tierhaltung ist einfach massiv in die Kritik gekommen. Im Süden dürfen wir auch nicht vergessen, dass wir immer mehr die Schlachthofstrukturen verlieren.
Aus welchen Haltungsstufen stehen den Schlachthöfen überhaupt noch Tiere zur Verfügung?
Ich höre von vielen Berufskolleginnen und -kollegen, dass sie gern in eine höhere Haltungsstufe wechseln würden. Ihnen fehlt aber die Planungssicherheit, um eine solche Investition auch zu amortisieren.
Zum Abschluss ein Blick in die Zukunft: Im Juni nächsten Jahres findet der Bauerntag erstmals seit 2003 wieder in Freiburg statt. Welche Themen wollen Sie weit weg von der „Berliner Blase“ platzieren?
Es ist der Deutsche Bauerntag. Da gibt der DBV die Themen vor. Wir werden natürlich versuchen, unsere speziell südbadischen Themen etwas in den Vordergrund zu spielen mit der Kleinstrukturiertheit und der Vielfalt, die wir hier haben.
Quelle: AgraEurope