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Kurswechsel beim Herdenschutz

Zahlreiche Medienvertreter suchten den Austausch mit dem BLHV und Projektpartnern am Stall bei der Erlenbacher Hütte bei Oberried. Präsident Bernhard Bolkart nutzte die Gelegenheit, um Erfolge im Herdenschutzprojekt zu präsentieren – und um klare Forderungen an die Politik zu richten.

Trotz strömenden Regens und kühler Temperaturen war der kleine Stall oberhalb der Erlenbacher Hütte gut besucht. Zahlreiche Medienvertreter, darunter auch vom „Schweizer Bauer“, nahmen den Aufstieg in Kauf, um mit Praktikern des BLHV, Fachleuten der Forstlichen Versuchsanstalt (FVA) und dem Team des Herdenschutzprojekts ins Gespräch zu kommen. Präsident Bernhard Bolkart nutzte den Termin gleich doppelt: zum einen, um gegenüber der Presse die bisherigen Fortschritte des Herdenschutzprojekts vorzustellen, zum anderen, um den politischen Forderungen des Verbands Nachdruck zu verleihen.

In kleiner Runde betonte er, dass der BLHV an seiner klaren Linie festhalte: Weidetierhaltung und Wolf seien im Schwarzwald nicht vereinbar. Dennoch habe man sich bemüht, mit dem Projekt neue Wege zu erproben – mit Lerneffekten auf allen Seiten.

Bolkart betonte, dass jetzt noch ein günstiger Zeitpunkt sei, um mit einer gewissen Ruhe weiterzuarbeiten – der Wolfsdruck im Schwarzwald sei nach wie vor vergleichsweise gering. Umso wichtiger sei es, die Zeit zu nutzen. Denn trotz aller Fortschritte und Erkenntnisse der letzten Jahre sei jetzt ein Kurswechsel beim Herdenschutz nötig.

Dazu gehöre es, so Bolkart, in Abwägungsprozessen künftig den Schutz der Weidetiere über den Schutz des Wolfes zu stellen. Als zentrales Element nannte er die Einrichtung sogenannter Weidenschutzgebiete. In bestimmten Regionen sei selbst ein zumutbarer Herdenschutz nicht umsetzbar – hier müsse die Beweidung Vorrang haben. Konkret könne das bedeuten, dass Wölfe bereits nach dem ersten Riss entnommen werden dürfen, auch wenn nur niederschwellige Schutzmaßnahmen umgesetzt wurden. „Nur so können wir nicht nur landwirtschaftliche Wirtschaftsgüter, sondern auch wertvolle Naturschutzflächen durch Beweidung langfristig sichern“, betonte der BLHV-Präsident.

„Wir sind bereit, neue Wege zu gehen und innovative Technik einzusetzen“, sagte Bolkart weiter. „Aber es gibt Flächen, auf denen Herdenschutz  praktisch nicht möglich ist. Genau dafür brauchen wir Weidenschutzgebiete.“ Darüber hinaus forderte der BLHV, dass Deutschland endlich in die Lage versetzt wird, den Erhaltungszustand der Wolfspopulation wissenschaftlich fundiert zu erfassen und regelmäßig zu melden. Nur auf dieser Basis seien differenzierte Maßnahmen wie gezielte Entnahmen nach EU-Recht überhaupt möglich. Der Schutzstatus des Wolfs dürfe nicht auf bloßen Vermutungen beruhen, sondern müsse sich an der tatsächlichen Bestandsentwicklung orientieren.

Gleichzeitig müsse Herdenschutz als gesamtgesellschaftliche Aufgabe anerkannt werden. Zäune und Herdenschutzhunde verursachten nicht nur erhebliche Kosten, sondern erforderten auch viel zusätzliche Arbeitskraft – insbesondere in Hanglagen, wo Zäune regelmäßig ausgemäht, kontrolliert und instand gehalten werden müssten.

BLHV-Referent Lukas Schaudel, der die politische Arbeit des Verbands in Sachen Wolf koordiniert, betonte zudem die Fortschritte der vergangenen Jahre. „Wir haben viel erreicht – insbesondere ist es gelungen, die Diskussion zu versachlichen“, so Schaudel. Gemeinsam mit dem Umweltministerium habe man eine konstruktive Gesprächsebene etabliert und die Debatte aus den Versammlungshallen in die Praxis gebracht. Als Beispiel nannte er die gemeinsame Entwicklung praxistauglicher Herdenschutzmaßnahmen für Rinder – in Zusammenarbeit mit dem Umweltministerium, der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA) und dem Herdenschutzprojekt Schwarzwald.

Die BLHV-Forderung nach der Einrichtung von Weidenschutzgebieten werde man in den kommenden Monaten weiter konkretisieren. Ziel sei es, diese Forderung mit Blick auf die Landtagswahl gezielt in die Programme der Parteien einzubringen und ihnen auf politischer Ebene Nachdruck zu verleihen.

Padraig Elsner

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