News Nutztiere

Aktuelles zur Weidepflicht für Ökopflanzenfresser

Weidepflicht im Ökolandbau: Unsicherheit bleibt – Betriebe vor schwierigen Entscheidungen

Die Umsetzung der EU-weit geltenden Weideverpflichtung für Öko-Pflanzenfresser bleibt auch in Baden-Württemberg ein komplexes und belastendes Thema. Zwar hat EU-Agrarkommissar Christophe Hansen im Sommer 2025 eine Öffnung der EU-Öko-Verordnung angekündigt – wie diese konkret aussehen wird, ist jedoch weiterhin unklar. Damit steht fest: Bis auf Weiteres gelten die bestehenden Regelungen. Für Betriebe, die strukturell bedingt nur eingeschränkte Weidehaltung ermöglichen können, ist das eine existenzielle Herausforderung.

Hintergrund

Das EU-Pilotverfahren zur Weidepflicht im Öko-Landbau gegen Deutschland lief von 2021 bis Ende 2024. Vor allem in Bayern, Baden-Württemberg und teils in Hessen sind Betriebe betroffen. Die Bio-Verbände unter dem Schirm der Arbeitsgemeinschaft Ökologischer Landbau (AÖL) und BÖLW setzten sich gemeinsam mit dem BLHV, LBV und dem DBV seit Beginn gegen eine verschärfte Auslegung der EU-Öko-Verordnung ein. Unter dem früheren Agrarkommissar Wojciechowski blieb ein Dialog jedoch erfolglos. Um ein Vertragsverletzungsverfahren abzuwenden, erarbeiteten Bund und Länder das sogenannte „Weidepapier“, das von der EU akzeptiert wurde.

Seit Dezember 2024 ist Christophe Hansen neuer EU-Agrarkommissar. Er zeigt sich deutlich gesprächsbereiter und kündigte im Juli 2025 eine Öffnung der Verordnung an, um praxisnahe Lösungen zu ermöglichen. Konkrete Inhalte oder ein Zeitplan liegen bisher jedoch nicht vor. Somit bleibt das Anfang 2025 veröffentlichte „Weidepapier“ weiterhin verbindlich für die Kontrolle.

EU-Recht bleibt  bindend

Das Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz (MLR) begrüßt die Ankündigung von EU-Agrarkommissar Hansen, eine Lösung für die Betriebe zu finden, die Schwierigkeiten mit der Umsetzung der in der EU-Öko-Verordnung (EU) 2018/848 verankerten Weideverpflichtung für Öko-Pflanzenfresser haben. Das MLR betont, dass trotz der politischen Signale aus Brüssel weiterhin das geltende EU-Öko-Recht maßgeblich ist. Damit gilt weiterhin die von der EU-Kommission zugrunde gelegte Rechtsauslegung der EU-Öko-Verordnung, wonach allen Öko-Pflanzenfressern im Betrieb während der Weidezeit Zugang zu Weideland gewährt werden muss.

Schwierige Entscheidung

Für die Öko-Betriebe in Baden-Württemberg, welche aktuell die Weidpflicht nicht erfüllen können, bedeutet das: Sie müssen bis spätestens 30. September 2025 eine Entscheidung treffen, wie sie weiter machen, denn nur bis dahin ist der förderunschädliche Ausstieg möglich. Die betroffenen Betriebe hatten in Baden-Württemberg  bis 15. Mai die Möglichkeit neben D2 eine alternative Maßnahme zu beantragen, diese kommt nun zum tragen, wenn der Betrieb sich gegen D2 entscheidet. In anderen Bundesländern gehen die Betriebe leer aus, die sich entscheiden aus der Ökoförderung auszusteigen. Der Antrag auf Ausstieg muss elektronisch über das FIONA-Portal von der antragsstellenden Person eingereicht werden.

Die Betriebe haben die Möglichkeit vollständig aus Zertifizierung und aus D2 auszusteigen oder wahlweise nur aus der Fördermaßnahme D2 und weiterhin in der Öko-Zertifizierung zu bleiben. Der Verbleib in der Förderung und Zertifizierung trotz nicht-Erfüllung der Weidevorgabe bringt erhebliche Risiken mit sich, bis hin zur Rückzahlung der FAKT-Fördergelder der vergangenen Jahre.

Die Entscheidung für den Einzelbetrieb hängt von vielen Faktoren ab, insbesondere in welchem Jahr Verpflichtungsbeginn war, ob schon anderweitige Verstöße vorliegen und wie der Umsetzungsstand in Sachen Weide ist. Daher sprechen die Verbände keine pauschalen Empfehlungen aus, sondern verweisen auf den direkten Kontakt zu den Kontrollstellen und die Beratung durch die Verbände und Erzeugerringe.

Ministerium zeigt sich gesprächsbereit – aber gebunden

Das MLR zeigt sich grundsätzlich offen gegenüber praktikablen Lösungen und hat sich nach eigener Aussage auf EU-Ebene dafür eingesetzt, strukturelle Ausnahmen zu ermöglichen. Bisher allerdings ohne Erfolg.

Zur Unterstützung der betroffenen Betriebe verweist das MLR auf Beratungsangebote sowie Investitionsförderungen, etwa um bauliche Maßnahmen zur Weideführung umzusetzen. Betriebe, die sich glaubhaft um eine Lösung bemühen und die Weidepflicht spätestens ab 2026 erfüllen können, können in FAKT D2 bleiben bzw. eine Neuverpflichtung beantragen.

Kontrolle und Sanktionen

Die Kontrolle der Einhaltung der Weidepflicht erfolgt durch die Öko-Kontrollstellen, welche die Maßnahmen betriebsindividuell bewerten. Bei Verstößen drohen – abhängig von Ausmaß, Dauer und Schwere – Sanktionen bis hin zum Verlust des Bio-Status und Rückforderungen von Fördermitteln. Die rechtliche Bewertung orientiert sich an der Leitlinie des Bundesverbands der Ökokontrollstellen (BVK).

Wichtig: Hat die Untere Landwirtschaftsbehörde die antragstellende Person jedoch bereits von ihrer Absicht unterrichtet, eine Vor-Ort-Kontrolle durchzuführen oder wird bei einer Vor-Ort-Kontrolle ein Verstoß festgestellt, so können die von dem Verstoß betroffenen Teile des Beihilfe- bzw. Zahlungsantrags nicht zurückgenommen werden.

Verbände fordern Klarheit

Die AÖL und die Bauernverbände kritisieren die weiterhin unklare Lage. Zwar sei mit dem Amtsantritt von EU-Kommissar Hansen mehr Offenheit für Ausnahmeregelungen spürbar, doch noch immer gebe es keine verbindlichen Aussagen oder Übergangsregelungen für betroffene Betriebe. Die Zeit drängt – eine Änderung der EU-Öko-Verordnung wird vor dem 30. September 2025 nicht mehr erwartet. Die Verbände setzen sich weiter auf Landes-, Bundes- und EU-Ebene für eine rasche Klarstellung ein, um Planungssicherheit für Öko-Betriebe und potenzielle Umsteller herzustellen.

beenhere

Wichtige Infos

Die betroffenen Betriebe müssen bis Ende September eine Entscheidung treffen – unter hohem Zeitdruck und mit unklarem politischem Ausgang. Verbände und Ministerium bemühen sich um Lösungen, doch bislang fehlen konkrete Anpassungen des EU-Rechts. Bis dahin gilt: Die bestehenden Vorgaben sind einzuhalten und die Betriebe, die sich unsicher sind, sollten schnellstens mit ihren Beratern bzw. der Kontrollstelle Kontakt aufnehmen.

Wichtige Fristen:
30. September 2025: Letzter Termin für den förderunschädlichen Ausstieg aus FAKT II D2
Antrag muss elektronisch von der antragstellenden Person über FIONA erfolgen

Weitere Informationen und Links:
Weidepapier: www.rp.baden-wuerttemberg.de/…/oeko_weidepapier.pdf
FAQ zur Weidepflicht: www.rp.baden-wuerttemberg.de/…/oeko_weidepapier_faq.pdf
Veranstaltung des Bayrischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Tourismus zum Thema am 25. September um 13 Uhr: https://www.stmelf.bayern.de/landwirtschaft/oekolandbau/informationsveranstaltung-zur-weidepflicht/index.html  

Antwort des MLR auf die Presseanfrage des BLHV:

WordPress Double Opt-in by Forge12