EU-Agrarkommissar Christophe Hansen hat bei einem Besuch in Bayern mit Äußerungen zur Weidepflicht bei Öko-Tierhaltern neue Hoffnungen geweckt. Details stehen noch nicht fest. Die Zeit für betroffene Öko-Betriebe drängt und die Länderagrarminister sind jetzt in der Pflicht zu handeln.
EU-Agrarkommissar Christophe Hansen hat sich beim Öko-Recht unter Zugzwang gesetzt. Neben der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) oder einer in Aussicht gestellten Strategie für Junglandwirte sowie weiterer Vereinfachungspakete muss er sich nun auch um Anpassungen in der EU-Öko-Verordnung kümmern.
Der Kommissar hat Ende Juli bei Besuchen in Bayern Lockerungen beim Gebot der Weidetierhaltung im Ökolandbau in Aussicht gestellt. Details, wann und wie genau die Erleichterungen für die Öko-Tierhalter erfolgen sollen, nannte Hansen nicht. Kommissionskreise stellen gegenüber AGRA Europe in Aussicht, dass Änderungsvorschläge „gegen Jahresende“ vorgelegt werden könnten. Konkrete Inhalte wurden jedoch nicht geäußert.
Durch eine kurzfristig geänderte Auslegung der Weidevorgaben für Wiederkäuer beim Öko-Recht Anfang 2025 sind vor allem in Süddeutschland zahlreiche Bio-Höfe in große Bedrängnis gekommen. Seit Januar dieses Jahres sind Ausnahmen von der Weidepflicht in Deutschland nicht mehr zugelassen. „Strukturelle Gegebenheiten“ wie eine Innerortslage des Betriebes oder fehlende Weideflächen sind keine Gründe mehr, dass die Weidepflicht im Ökolandbau ausgesetzt werden kann. Damit ist auch die bislang von den ÖkoVerbänden tolerierte Alternative des ganzjährigen Auslaufs nicht mehr zulässig.
Die EU-Kommission hatte zuvor das Bundeslandwirtschaftsministerium dazu gedrängt, die Weidepflicht im Ökolandbau gemäß der EU-Öko-Verordnung nur temporär auszusetzen. Ausnahmen seien nur aufgrund von klimatischen Bedingungen, den Bodenverhältnissen oder der Tiergesundheit möglich.
Die süddeutschen Bauernverbände hatten sich gemeinsam mit dem Deutschen Bauernverband (DBV) und den Bio-Verbänden bei den Bundesländern sowie bei EU-Agrarkommissar Hansen vehement für längere Übergangsfristen und eine flexiblere Auslegung eingesetzt. Nun kündigte Hansen an, dass er noch in diesem Jahr die EU-Öko-Verordnung öffnen wolle, um notwendige Anpassungen für eine Stärkung der Öko-Tierhaltung vorzunehmen.
Weil eine Änderung der EU-Öko-Verordnung für viele der aktuell betroffenen Betriebe aber zu spät käme, forderte der Kommissar die Mitgliedstaaten auf, pragmatische Übergangsregelungen zu finden und dafür die konkreten Vorschläge der Initiative der Öko-Verbände umzusetzen. Konkret verwies er dabei auf das Weidepapier 2.0, das vom Deutschen Bauernverband und den Anbauverbänden entwickelt worden war. In dem Papier wird die Verpflichtung zur Weide bestätigt. Das heißt, jedes Tier muss Weidezeiten durchlaufen, aber die Umsetzung ist nicht für jede Tiergruppe obligatorisch. Das soll den Betrieben die erforderliche Flexibilität entsprechend ihren strukturellen Bedingungen und Tierwohlerwägungen geben, um zum Beispiel bei der Kälberaufzucht die Weide zu optimieren.
Der BLHV fordert praxistaugliche Lösungen und Planungssicherheit für die Betriebe. BLHV-Präsident Bernhard Bolkart erklärte dazu: „Der Handlungsspielraum, den Hansen einräumt, ist ein wichtiges Zeichen dafür, dass es durchaus möglich ist, zu entbürokratisieren. Bund und Länder müssen schauen, wie jetzt eine praxistaugliche Lösung aussehen kann, um Planungssicherheit auf die Betriebe zu bringen und zwar zeitnah. Die betroffenen Betriebe sind in der Schwebe und das seit einer viel zu langen Zeit.“
Bayerns Agrarministerin Michaela Kaniber verwies nach Hansens Besuch darauf, dass bis zur gesetzgeberischen Umsetzung auf Brüsseler Ebene das aktuelle EU-Öko-Recht gelte. Darauf habe Hansen ausdrücklich hingewiesen. Nach geltendem Recht müssen die Bundesländer demnach die Erfüllung der Weidepflicht ab 2026 konsequent einfordern. Betroffene Betriebe müssten nach heutigem Stand für sich selbst prüfen, ob sie das förderrechtliche Risiko aus einer Nichterfüllung der geltenden Weidevorgaben tragen können.
Für Öko-Betriebe in Baden-Württemberg endet mit der aktuellen Rechtslage spätestens am 30. September 2025 die Frist für den förderunschädlichen Ausstieg aus der FAKT II-D2-Ökolandbau-Förderung. Der Ausstieg muss an die zuständige untere Landwirtschaftsbehörde gemeldet werden. Ein späterer Ausstieg ohne Rückforderungen ist nicht möglich. Die Fristverlängerung bezieht sich lediglich auf Betriebe, die FAKT II-D2 und ansonsten mit FAKT II-D2 kompatible Maßnahmen oder keine weiteren FAKT-Maßnahmen beantragt haben und aktuell noch über den Ausstieg aus FAKT II-D2 nachdenken.
Der BLHV mahnte bereits Anfang des Jahres, dass überprüft werden sollte, ob für Härtefälle Ausnahmen geltend gemacht werden könnten, sodass nicht immer alle Tiergruppen Zugang zur Weide benötigen. Diejenigen Betriebe, die bauliche Maßnahmen unternehmen müssen, um die Vorschrift zu erfüllen, bräuchten eine deutlich längere Übergangszeit. Mit einem Schreiben haben der DBV, Bioland und Naturland sich Anfang dieser Woche an Bundeslandwirtschaftsminister Alois Rainer sowie an die Landwirtschaftsminister Peter Hauk und Michaela Kaniber gewendet. Darin enthalten war noch einmal die eindringliche Bitte, im Sinne von Agrarkommissar Christophe Hansen schnelle und pragmatische Lösungen zu finden.
Ulrike Amler
Die aktuellen Regeln finden Sie in diesem vorherigen Artikel: Aktuelle Infos: Weidepflicht für Ökopflanzenfresser – BLHV
EU-Agrarkommissar Christophe Hansen hat bei einem Besuch in Bayern mit Äußerungen zur Weidepflicht bei Öko-Tierhaltern neue Hoffnungen geweckt. Details stehen noch nicht fest. Die Zeit für betroffene Öko-Betriebe drängt und die Länderagrarminister sind jetzt in der Pflicht zu handeln.
EU-Agrarkommissar Christophe Hansen hat sich beim Öko-Recht unter Zugzwang gesetzt. Neben der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) oder einer in Aussicht gestellten Strategie für Junglandwirte sowie weiterer Vereinfachungspakete muss er sich nun auch um Anpassungen in der EU-Öko-Verordnung kümmern.
Der Kommissar hat Ende Juli bei Besuchen in Bayern Lockerungen beim Gebot der Weidetierhaltung im Ökolandbau in Aussicht gestellt. Details, wann und wie genau die Erleichterungen für die Öko-Tierhalter erfolgen sollen, nannte Hansen nicht. Kommissionskreise stellen gegenüber AGRA Europe in Aussicht, dass Änderungsvorschläge „gegen Jahresende“ vorgelegt werden könnten. Konkrete Inhalte wurden jedoch nicht geäußert.
Durch eine kurzfristig geänderte Auslegung der Weidevorgaben für Wiederkäuer beim Öko-Recht Anfang 2025 sind vor allem in Süddeutschland zahlreiche Bio-Höfe in große Bedrängnis gekommen. Seit Januar dieses Jahres sind Ausnahmen von der Weidepflicht in Deutschland nicht mehr zugelassen. „Strukturelle Gegebenheiten“ wie eine Innerortslage des Betriebes oder fehlende Weideflächen sind keine Gründe mehr, dass die Weidepflicht im Ökolandbau ausgesetzt werden kann. Damit ist auch die bislang von den ÖkoVerbänden tolerierte Alternative des ganzjährigen Auslaufs nicht mehr zulässig.
Die EU-Kommission hatte zuvor das Bundeslandwirtschaftsministerium dazu gedrängt, die Weidepflicht im Ökolandbau gemäß der EU-Öko-Verordnung nur temporär auszusetzen. Ausnahmen seien nur aufgrund von klimatischen Bedingungen, den Bodenverhältnissen oder der Tiergesundheit möglich.
Die süddeutschen Bauernverbände hatten sich gemeinsam mit dem Deutschen Bauernverband (DBV) und den Bio-Verbänden bei den Bundesländern sowie bei EU-Agrarkommissar Hansen vehement für längere Übergangsfristen und eine flexiblere Auslegung eingesetzt. Nun kündigte Hansen an, dass er noch in diesem Jahr die EU-Öko-Verordnung öffnen wolle, um notwendige Anpassungen für eine Stärkung der Öko-Tierhaltung vorzunehmen.
Weil eine Änderung der EU-Öko-Verordnung für viele der aktuell betroffenen Betriebe aber zu spät käme, forderte der Kommissar die Mitgliedstaaten auf, pragmatische Übergangsregelungen zu finden und dafür die konkreten Vorschläge der Initiative der Öko-Verbände umzusetzen. Konkret verwies er dabei auf das Weidepapier 2.0, das vom Deutschen Bauernverband und den Anbauverbänden entwickelt worden war. In dem Papier wird die Verpflichtung zur Weide bestätigt. Das heißt, jedes Tier muss Weidezeiten durchlaufen, aber die Umsetzung ist nicht für jede Tiergruppe obligatorisch. Das soll den Betrieben die erforderliche Flexibilität entsprechend ihren strukturellen Bedingungen und Tierwohlerwägungen geben, um zum Beispiel bei der Kälberaufzucht die Weide zu optimieren.
Der BLHV fordert praxistaugliche Lösungen und Planungssicherheit für die Betriebe. BLHV-Präsident Bernhard Bolkart erklärte dazu: „Der Handlungsspielraum, den Hansen einräumt, ist ein wichtiges Zeichen dafür, dass es durchaus möglich ist, zu entbürokratisieren. Bund und Länder müssen schauen, wie jetzt eine praxistaugliche Lösung aussehen kann, um Planungssicherheit auf die Betriebe zu bringen und zwar zeitnah. Die betroffenen Betriebe sind in der Schwebe und das seit einer viel zu langen Zeit.“
Bayerns Agrarministerin Michaela Kaniber verwies nach Hansens Besuch darauf, dass bis zur gesetzgeberischen Umsetzung auf Brüsseler Ebene das aktuelle EU-Öko-Recht gelte. Darauf habe Hansen ausdrücklich hingewiesen. Nach geltendem Recht müssen die Bundesländer demnach die Erfüllung der Weidepflicht ab 2026 konsequent einfordern. Betroffene Betriebe müssten nach heutigem Stand für sich selbst prüfen, ob sie das förderrechtliche Risiko aus einer Nichterfüllung der geltenden Weidevorgaben tragen können.
Für Öko-Betriebe in Baden-Württemberg endet mit der aktuellen Rechtslage spätestens am 30. September 2025 die Frist für den förderunschädlichen Ausstieg aus der FAKT II-D2-Ökolandbau-Förderung. Der Ausstieg muss an die zuständige untere Landwirtschaftsbehörde gemeldet werden. Ein späterer Ausstieg ohne Rückforderungen ist nicht möglich. Die Fristverlängerung bezieht sich lediglich auf Betriebe, die FAKT II-D2 und ansonsten mit FAKT II-D2 kompatible Maßnahmen oder keine weiteren FAKT-Maßnahmen beantragt haben und aktuell noch über den Ausstieg aus FAKT II-D2 nachdenken.
Der BLHV mahnte bereits Anfang des Jahres, dass überprüft werden sollte, ob für Härtefälle Ausnahmen geltend gemacht werden könnten, sodass nicht immer alle Tiergruppen Zugang zur Weide benötigen. Diejenigen Betriebe, die bauliche Maßnahmen unternehmen müssen, um die Vorschrift zu erfüllen, bräuchten eine deutlich längere Übergangszeit. Mit einem Schreiben haben der DBV, Bioland und Naturland sich Anfang dieser Woche an Bundeslandwirtschaftsminister Alois Rainer sowie an die Landwirtschaftsminister Peter Hauk und Michaela Kaniber gewendet. Darin enthalten war noch einmal die eindringliche Bitte, im Sinne von Agrarkommissar Christophe Hansen schnelle und pragmatische Lösungen zu finden.
Ulrike Amler
Die aktuellen Regeln finden Sie in diesem vorherigen Artikel: Aktuelle Infos: Weidepflicht für Ökopflanzenfresser – BLHV