Verbandsarbeit

Kommentar: Alles nur Möhre

Für den Klimaschutz sind alle Wege recht, dachten sich die Demonstranten von „Ende Gelände“, als sie Ende Juni schnurgerade durch mehrere Äcker im Rheinland trampelten, um sich zu einer Protestaktion zum Kohleausstieg zu sammeln.

Eines dieser Felder gehört Bauer Willi, einem in der Landwirtschaftsszene weit bekannten und beliebten Social-Media-Aktivisten. Er fotografiert die Schneisen der Verwüstung, teilt sie bei Facebook und dokumentiert alles auf seiner Website www.bauerwilli.com . Selbstredend stellt er auch die Aktivisten zur Rede und bekommt schockierende Antworten: Der Klimaschutz sei wichtiger als seine Möhren, die stellvertretend für die anderen niedergetrampelten Feldfrüchte stehen dürfen. Dafür werde er subventioniert und auch entschädigt. Von respektvollem Umgang gibt es keine Spur. Der wortgewandte Landwirt setzt sich digital zur Wehr, so dass auch große Medienhäuser Interesse zeigen – RTL und BILD berichten. Und die Gegenseite poltert zurück. Dann schaltet sich auch noch Robert Habeck ein, so berichtet Bauer Willi auf seiner Website, und entschuldigt sich persönlich bei dem Landwirt. Trotz der großen Aufregung kühlt sich das Drama medial schneller ab als die Hitzewelle der vergangenen Woche. Aber der Aufmarsch der sogenannten Umweltschützer hinterlässt nicht nur auf den Feldern einen bleibenden Eindruck. Weil auf einem dieser Äcker Möhren wuchsen, schuf ein findiger Künstler ein neues Symbol für die Landwirtschaft: eine vom sozialistischen Realismus geprägte Arbeiterfaust streckt eine orangene Möhre empor. Darüber steht: „Respektiere die Arbeit der Landwirtschaft“.
Dieser Satz sagt alles. Denn das mindeste, was den Landwirtinnen und Landwirten für ihre Arbeit zusteht, ist Respekt. Dass die Landwirtschaft diesen so offen und direkt einfordern muss, ist ein Sinnbild für die Entfremdung zwischen Landwirtschaft und Gesellschaft. Und so wird die Möhre zum Symbol der Wertschätzung, die die Landwirtschaft nicht erwarten kann, sondern einfordern muss.

Elsner