Gremienarbeit: Bereits am 1. Dezember 2021 hat der BLHV-Fachausschuss Milch das Thema „Mehr Tierwohl in der Milchviehhaltung“ vor dem Hintergrund des neuen Koalitionsvertrages auf Bundesebene erörtert.

In der Sitzung bekräftigte der Fachausschuss-Vorsitzende Peter Graf, dass das BLHV-Präsidium den Ansatz der Borchert-Kommission unterstützt, da vorgesehen ist, dass die Investitionen in Tierwohlställe und die laufend höheren Produktionskosten über eine öffentliche Tierwohlabgabe finanziert werden sollen. Nach Ansicht von Ludwig Börger, Milchreferent des Deutschen Bauernverbands, ist der Koalitionsvertrag gerade bei diesem Knackpunkt jedoch unverbindlich. Zwar enthält der Vertrag ein Bekenntnis zur bäuerlichen Landwirtschaft, jedoch ist unklar, wie der Umbau der Nutztierhaltung vorangetrieben und vor allen Dingen finanziert werden soll. Erforderliche Investitionen, insbesondere zur Erlangung hoher Tierwohlstandards, sollen gefördert werden. Die Finanzierung der laufend höheren Kosten der Produktion wird jedoch den Marktbeteiligten zugeschoben. Dies wäre zumindest eine teilweise Abkehr vom Finanzierungsmodell der Borchert-Kommission, stellte Börger nüchtern fest. Unabhängig davon ist zu beachten, dass beim staatlichen Tierwohllabel drei Stufen vorgesehen sind. Ganzjährige Anbindehaltung ist nicht zulässig; ob die süddeutsche Kombihaltung in Stufe 1 anerkannt wird, ist unklar.

Nebeneinander der Ansätze bereitet Sorgen

Sorge bereitet den Fachausschuss-Mitgliedern das Nebeneinander der verschiedenen Ansätze: Borchert-Kommission, Haltungsform-Kennzeichnungsstufen, Initiative Tierwohl, QM plus und die Alleingänge von  Lebensmitteleinzelhandel  (LEH) und Discountern. Es ist zu befürchten, dass  LEH und Discounter nicht darauf warten, bis in ein paar Jahren ein staatlicher Tierwohlstandard eingeführt wird. Auch gibt es Hinweise darauf, dass LEH und Discounter längerfristig lediglich Ware nach den Haltungsform-Kennzeichnungsstufen 3 und 4 vermarkten wollen. Wenngleich die Planungssicherheit für den Umbau der Nutztierhaltung derzeit noch fehlt, sollte der Koalitionsvertrag dennoch als Chance bewertet werden, bekräftigte Peter Graf und wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass ein vom Markt getragenes System die laufenden Mehrkosten der höheren Produktionsstandards decken soll. Nach dem Motto „neues Spiel – neues Glück“ müssen mit den neuen politischen Entscheidungsträgern die Förderung von Investitionen in höhere Tierwohlstandards und ein Ausgleich für die laufend höheren Produktionskosten neu verhandelt werden, so Peter Graf.

Martin Armbruster