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Schadnagerbekämpfung erfordert Sachkunde

Sachkundeerfordernisse bei Rodentiziden

Bei den Rodentiziden (chemische Schadnagerbekämpfungsmittel) gibt es je nach Rechtsbereich verschiedene Sachkundeerfordernisse. Gerade im Bereich der Biozide hat es rechtliche Änderungen gegeben, die zu beachten sind.

Umfrage: Wie viele Landwirtinnen und Landwirte setzen Biozide auf ihrem Betrieb ein? : https://forms.gle/NuWk4RcvBw9moLG46

Pflanzenschutzmittel

Je nach Einsatzzweck werden die Rechtsbereiche abgegrenzt. In Kurzform werden Pflanzenschutzmittel, wie der Begriff bereits verrät, eingesetzt um Pflanzen vor Schadorganismen zu schützen. Dazu zählt in erster Linie der Einsatz von Herbiziden, Fungiziden, Insektiziden und Wachstumsreglern auf land- und forstwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzten Flächen sowie der Vorratsschutz mit dem Ziel die Pflanzen(erzeugnisse) zu schützen. Zinkphosphid ist aktuell der einzige zugelassene rodentizide Pflanzenschutzwirkstoff, u.a. zur Kontrolle von Feld- oder Schermaus.

Gem. §9 Pflanzenschutzgesetz (PflSchG) ist für folgende Bereiche der Pflanzenschutzsachkundenachweis erforderlich: Anwendung, Beratung, Anleitung oder Beaufsichtigung der Anwendung sowie das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln. Für folgende Bereiche ist keine Sachkunde erforderlich: Anwendung von Pflanzenschutzmitteln, die für nichtberufliche Anwender zugelassen sind, im Haus- und Kleingartenbereich, Ausübung einfacher Hilfstätigkeiten unter Verantwortung und Aufsicht oder Anwendung in einem Ausbildungsverhältnis unter Anleitung durch eine Person mit Sachkundenachweis sowie bei der Wildschadensverhütung durch nichtberufliche Anwender.

Ansprechpartner für das Pflanzenschutzrecht oder die Pflanzenschutzsachkunde ist der Pflanzenschutzdienst (z.B. Landwirtschaftsamt oder Regierungspräsidum).

Im Pflanzenschutzrecht haben sich bei den Rodentiziden keine Änderungen bzgl. Sachkundeerfordernis ergeben. Anders verhält es sich bei den Rodentiziden aus dem Rechtsbereich der Biozide.

Abb. 1: Schadnagerkontrolle im Ackerbau oder Grünland fällt in den Rechtsbereich Pflanzenschutz.

Verwendung von Rodentiziden (Biozide)

Biozide sind „notwendig zur Bekämpfung von für die Gesundheit von Mensch oder Tier schädlichen Organismen und zur Bekämpfung von Organismen, die natürliche oder gefertigte Materialien schädigen.“[1] In der Landwirtschaft zählen dazu beispielhaft der Rodentizideinsatz gegen Ratten in Tierställen (zum Schutz der Tiergesundheit) und Gebäuden.

Die Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) wurde geändert. Der 28. Juli 2027 (zuvor: 28. Juli 2025) ist die neue Übergangsfrist zur Sachkundeerfordernis für die Verwendung von Bioziden (hier: antikoagulanten Rodentiziden) für Kanalarbeiter und Landwirte[2]. Die Fristverlängerung gilt somit nur für die gelegentliche und nur in geringem Umfang erfolgende Schädlingsbekämpfung im eigenen Betrieb, in dem Lebensmittel hergestellt, behandelt oder in Verkehr gebracht werden. Alle weiteren Personen (z.B. Privatpersonen oder bei der professionellen Schädlingsbekämpfung) sind bereits sachkundepflichtig.

Folgende Rodentizide fallen unter die Sachkundeerfordernis[2]:

  • akut toxisch Kategorie 1, 2 oder 3
  • krebserzeugend, keimzellmutagen oder reproduktionstoxisch Kategorie 1A oder 1B
  • spezifisch zielorgantoxisch Kategorie 1 SE oder RE
  • Verwenderkategorie „geschulter berufsmäßiger Verwender“

Der Sachkundenachweis nach GefStoffV zur Verwendung von bestimmten Bioziden gilt für eine Dauer von sechs Jahren. Die zuständige Behöre (in Baden-Württemberg: Die Abteilung 5 des jeweilligen Regierungspräsidiums) kann auch andere Aus- oder Weiterbildungen (z.B. Pflanzenschutzsachkunde) anerkennen, aber nur wenn die erforderten praktischen und theroretischen Inhalte vermittelt wurden[3]. Dazu zählen z.B. die einschlägigen Rechtsvorschriften sowie der Bekanntmachungen[4], Gesundheits- und Umweltauswirkungen, Zielbereiche und Zielarten, der risikominimierende Einsatz, Befallsvorbeugung und alternative Schädlingsbekämpfungsverfahren, Dosierung und Ausbringung, Erfolgs- und Wirksamkeitskontrolle sowie die fachgerechte Entsorgung von Biozidprodukten. Die Anerkennung eines Sachkundelehrgangs erfordert einen Antrag, der dann individuell geprüft wird. In der Pflanzenschutzsachkunde in Baden-Württemberg werden diese Inhalte allerdings nicht vermittelt. In einer bundesweiten Initiative war es nicht möglich, hier eine einheitliche Lösung im Rahmen der Pflanzenschutz-Sachkunde zu etablieren. Im Anschluss müssen anerkannte Fortbildungen[5] abgelegt werden, die wiederum für jeweils sechs weitere Jahre zur Verwendung von Bioziden berechtigen. Ansprechpartner bzgl. Sachkunde für die Verwendung von Rodentiziden ist das Umweltamt bzw. die Regierungspräsidien (Abt. 5) in Baden-Württemberg.

Abgabe von Rodentiziden (Biozide)

Seit dem 01.01.2025 gelten nach Biozidrechts-Durchführungsverordnung (ChemBiozidDV) strengere Abgabebestimmungen für bestimmte Biozidprodukte (betrifft auch Rodentizide). Zum Beispiel gilt für alle Rodentizide (Produktart 14) ein Selbstbedienungsverbot und die Abgabe darf nur durch sachkundige Personen erfolgen. Die abgebende Person (z.B. Mitarbeitende im Landhandel oder Baumarkt) benötigt einen Sachkundenachweis nach ChemBiozidDV und hat bei der Abgabe die Abgaberegelungen in der ChemBiozidDV zu beachten (s. a. Leitfaden „Hinweise zu den Abgaberegelungen nach ChemBiozidDV“ auf der Homepage der BLAC unter Publikationen Thema „Biozide“: https://www.blac.de/Publikationen.html).

Es gibt keine eigenständige Sachkunde zur Abgabe von Bioziden nach ChemBiozidDV, sondern sie knüpft an bestimmte bestehende Sachkunden an.

Personen mit Sachkunde für die Abgabe von Pflanzenschutzmitteln (gemäß § 9 (1) Nr. 4 PflSchG) können beispielsweise die Sachkunde zur Abgabe von Bioziden nach ChemBiozidDV erwerben, indem sie eine Fortbildungsveranstaltung nach ChemVerbotsV besuchen, die Kenntnisse über Biozidprodukte vermittelt.

Weiterführende Informationen finden Sie im „Merkblatt für die Sachkunde nach Biozidrechts-Durchführungsverordnung (ChemBiozidDV) bezüglich der Abgabe von bestimmten Biozidprodukten“ auf der Homepage des Regierungspräsidiums Tübingen unter folgendem Link:

https://rp.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/RP-Internet/Tuebingen/Abteilung_11/Referat_114/_DocumentLibraries/Documents/Merkblatt_Sachkunde_nach_ChemBiozidDV_RPT.pdf.

Ansprechpartner für das Thema Biozide ist das landesweit zuständige Referat 114 – Chemikaliensicherheit – des Regierungspräsidiums Tübingen (E-Mail: marktueberwachung@rpt.bwl.de).

Dr. René Pfitzer

Regierungspräsidium Tübingen

Fußnoten:

[1]: VO (EU) 528/2012

[2]: §15c(3) GefStoffV

[3]: Anhang I Nr. 4.4 (1) GefStoffV

[4]: nach § 20 Absatz 4 GefStoffV

[5]: nach Anhang I Nr. 4.4 (5) GefStoffV

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