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Trends von morgen im Glas

Unter dem Titel „Wie schmeckt die Zukunft?“ war das „Nachtcafé“ erstmals zu Gast im Haus der Bauern. Spannende Vorträge regten zu lebhaften Diskussionen an. Dazu wurden klassische und neuartige Weine vorgestellt.

Die Veranstaltungsreihe Nachtcafé kennen viele aus dem Bildungshaus Kloster St. Ulrich. Dass erstmals nach Freiburg eingeladen wurde, erklärte Bildungshausleiter Bernhard Nägele mit der zentralen Lage, die rund 40 Interessierte ins Haus der Bauern führte. Sie waren der Einladung zu einem Genussabend gefolgt, bei dem es zudem um den „Wandel in der Weinbranche“ ging.

So stellte Holger Klein, Geschäftsführer des Badischen Weinbauverbands, die Spannungen zwischen Gesellschaft und Erzeugern dar, die zum einen durch eine verklärte Erwartungshaltung gegenüber der Realität der Winzer und zum anderen durch Konsumrückgang bedingt seien. Weniger Absatz, schrumpfende Erlöse, steigende Produktionskosten, lähmende Auflagen und Verordnungen sowie zunehmender Alkoholverzicht führten so zur Existenzbedrohung. Heute würden nur noch 20 Liter Wein pro Kopf und Jahr getrunken, vor etwa zehn Jahren waren dies noch 24,6 Liter, fasst Klein die Entwicklung in Zahlen. „Wenn Alkohol getrunken wird, dann Spirituosen, Bier und alkoholische Mischgetränke. Nur ein Drittel ist Wein“, erklärte er. Dennoch lautete sein Fazit für die Weinbranche: „Wir werden nicht verschwinden, aber deutlich schrumpfen.“

Dass den Winzern zusätzlich Schädlinge und Pflanzenkrankheiten das Leben schwer machen, demonstrierte Dr. René Fuchs vom Staatlichen Weinbauinstitut (WBI) Freiburg anhand der Amerikanischen Rebzikade, deren Vorkommen im Markgräflerland nun amtlich bestätigt und die Bekämpfung in Befallsgebieten angeordnet wurde. Während man gegen den Traubenwickler mit Pheromonfallen eine wirksame biologische Methode gefunden habe, komme man gegen die Zikade, die die Rebkrankheit Flavescence dorée (Goldgelbe Vergilbung) überträgt, nur mit Insektiziden an, so Fuchs.

Den Japankäfer, der ganze Laubwände bis zum totalen Ernteverlust leerfresse, könne man hingegen weitgehend mit Nematoden bekämpfen.  Zur Vorbeugung gegen bekannte Krankheiten wie Falschen und Echten Mehltau würden hingegen Pflanzenschutzmittel helfen. In diesem Zusammenhang nannte René Fuchs Rebsorten, die nur eine geringe Menge an Pflanzenschutznahmen benötigen.

Darauf ging auch Hannes Glöckler ein, der beim Weingut Kiefer in Eichstetten den Vertrieb leitet. In dem Weingut mit mehr als 200 Hektar Rebfläche sind inzwischen 18 Hektar mit pilzwiderstandsfähigen Sorten – Piwis – bestockt. Glöckler befürwortet die Umstellung auf Piwi-Rebsorten.

Eine Standortveredelung, bei der Weingutsinhaber Martin Schmidt und sein Team des Piwi-Kollektivs behilflich sind, erleichtere diesen Schritt. Dass Piwi-Weine  auch den Gaumen überzeugen können, machte die Sommelière Corinna Sauerburger bei der Verkostung schmeckbar. Für weiteres Staunen sorgten alkoholfreie Produkte, die auf dem Markt zunehmend gefragt sind, sowie eine Wein- und Tonic-Mischung, die von jungen Winzern in Auggen kreiert wurde.

Es brauche Mut und Durchhaltevermögen, resümierte der Geschäftsführer der Ganter-Brauerei, Detlef Frankenberger, seine Ausführungen zur 160-jährigen Unternehmensgeschichte und dem seit 2020 drastisch sinkenden Absatz. Mit dem „Freiburger Bierle“ sei es gelungen, aus der Masse herauszutreten. Der Erfolg gebe dem Projekt recht und habe dem Gesamtkonzept zudem den Innovationspreis der Stadt Freiburg eingebracht. Bevor zum Ausklang ein Snack-Buffet eröffnet wurde, dankten die BLHV-Bildungsreferentinnen Michaela Schöttner und Jennifer Shuler, die das Event in Koopereration mit dem Badischen Weinbauverband und dem Bildungshaus Kloster St. Ulrich organisiert und durchgeführt hatten, den Mitwirkenden mit einem Präsent.

Petra Littner

Kommentar: Mutig Neues ausprobieren

Beim Nachtcafé erzählte Detlef Frankenberger von der Brauerei Ganter mit viel Humor von deren Zusammenarbeit mit den „Verrückten“ Unternehmensberatern aus der Freiburger Start-up-Szene  beim Projekt „Freiburger Bierle“.

Ganter bestellte 10000 kleine Flaschen Bio-Bier aus Köln – genau so, wie es die Kundschaft  vorab in einer Marktumfrage wollte. Die Etiketten wurden händisch geklebt, das Bier in Freiburger Edeka-Märkten platziert, um zu schauen, wie es ankommt. Ein Musterbeispiel dafür, wie man Innovationen testet, ohne ein großes Risiko einzugehen. Es hat sich ausgezahlt: Nach gut einem Jahr macht das „Bierle“ bereits über 30 Prozent des Flaschenbierumsatzes bei Ganter aus.

Mutig Neues ausprobieren, ohne blind alles auf eine Karte zu setzen, so verhält sich ein resilienter und innovativer Betrieb. Es lohnt sich immer zu fragen, was man auf dem eigenen Hof ausprobieren könnte. Wo liegen meine Stärken? Was interessiert mich wirklich?  Der Mut, den eigenen Interessen zu folgen, die Möglichkeiten auf dem Betrieb zu sehen und zu nutzen und Dinge auszuprobieren, ist oft entscheidend für funktionierende Konzepte.

Ich erinnere mich gern an den Jungunternehmertag vor zwei Jahren, als Veronika Larranaga von den Anfängen von „Vronis Eiszeit“ erzählte: alles gestartet in der alten Milchkammer, per Hand abgefüllt. Wenn der Traum so groß ist, dass man willens ist, klein zu beginnen, Erfahrungen zu sammeln und zu wachsen, dann geht es oft schneller als gedacht. Wer selbst neue Wege gehen will, hat im Januar gleich zwei Chancen: am 8. Januar online und am 22. Januar beim Innovationsworkshop mit Jonathan Niessen vom Grünhof. Anmeldung über die BLHV-Webseite.