Politik

Kommentar: Einfach und dennoch gerecht

Wie soll die künftige Gemeinsame Agrarpolitik der EU (GAP) aussehen? Der BLHV hat sich positioniert.

Weniger Bürokratie, weniger Lasten und dafür eine gezielte und somit gerechte Förderung in der Zweiten Säule sind berufsständisch angesagt. Das Mittelgebirgsland Baden-Württemberg sollte sich in Österreich umschauen. „Ein bisschen mehr Österreich!“ sollte weiterhin die agrarpolitische Ansage des Ministeriums Ländlicher Raum in Stuttgart  sein. Das Statistische Amt der Europäischen Union, kurz Eurostat, belegt mit einem einfachen Kriterium den Erfolg der österreichischen Agrarpolitik: Österreich hat den höchsten Anteil an Junglandwirten in der EU. Das zeugt von Lust auf Landwirtschaft. Und das, obwohl ein Durchschnittsbetrieb in Österreich mit 20 Hektar um zwei Drittel kleiner ist als in Deutschland. Wie kann das sein? An den einkommenswirksamen Betriebsprämien der Ersten Säule kann es nicht liegen, denn Österreich gibt nur ein Viertel des Agrarbudgets für die Direktzahlungen aus. Drei Viertel der Agrarmittel gibt die Alpenrepublik für die Zweite Säule aus, Baden-Württemberg gerade mal ein Fünftel. Die Landesregierung in Stuttgart schickt sich an, möglichst viele einkommenswirksame Mittel der Ersten Säule in die Zweite Säule für den ländlichen Raum umzuschichten. Da kommt keine spontane Freude auf. Die Kernfrage wird sein, ob Anreize so gesetzt werden, dass sie bei aktiven Bauern wirklich ankommen. Österreich hat bisher die Agrarpolitik vorbildlich an Praxiserfordernissen ausgerichtet: Es differenziert die Grünlandförderung nach Viehhaltung sowohl bei Mutterkuhprämien und Ausgleichszulagen als auch bei der Ökoförderung. Österreich wälzt zudem die Verantwortung für gesellschaftliche Ziele nicht einfach auf die Antragsteller ab. Wenn sich der Überschirmungsgrad auf der Alm oder der Zustand von FFH-Lebensraumtypen ändert, führt das nicht automatisch zu Sanktionen und Verdruss.

Den angekündigten Wegfall des EU-Anlastungssystems sollten Politik und Verwaltung in Deutschland mutig als Chance für gezielte Förderung und Vereinfachung nutzen. Es braucht Mut, weil es hundert Prozent Zustimmung nicht geben kann. Der sozial engagierte schwäbische Bauernsohn, Erfinder und Industrielle Robert Bosch wusste: „Allen Leuten recht getan, ist eine Kunst, die niemand kann.“

Hubert God