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Pauschalierungsgrenze: Weichen für 2022 richtig stellen

Was wir Ihnen in der vorangegangenen Steuerinformation als Gesetzentwurf vorgestellt haben, ist eingetreten: Ab 01.01.2022 dürfen Sie die Umsatzsteuerpauschalierung nur noch dann anwenden, wenn Ihr Umsatz im jeweiligen Vorjahr unter 600.000 € lag. Nun wird auf die Entscheidung der EU-Kommission über die Einstellung der Vertragsverletzungsverfahren gewartet. Für Landwirte stellen sich jetzt folgende Fragen: Werde ich die neue Grenze überschreiten? Kann ich eine solche Überschreitung gegebenenfalls durch sinnvolle Gestaltungen verhindern – oder sollte ich mich auf die Regelbesteuerung einlassen?

Umsätze auf mehrere Unternehmerverteilen

Die Grenze wird je Unternehmer berechnet. Gesonderter Unternehmer ist dabei jede Einzelperson, Personengesellschaft oder auch GmbH. Werden Umsätze auf andere Personen oder Gesellschaften übertragen, kann die Grenze also unterschritten werden.

Beispiel: Neben seinem Landwirtschaftsbetrieb betreibt Hermann Schröder ein gewerbliches Lohnunternehmen und eine Photovoltaikanlage. Gestaltungsmöglichkeit: Die Umsätze aus Landwirtschaft, Lohnunternehmen und Photovoltaikanlage werden zusammengerechnet und sind ausschlaggebend für die Pauschalierungsgrenze. Überschreitet Hermann Schröder sie mit den Umsätzen aus seinen drei Betrieben, könnte er die gewerblichen oder den landwirtschaftlichen Betrieb auf ein Familienmitglied oder eine Personengesellschaft übertragen.

Beispiel für eine klassische Betriebsteilung

Landwirt Huber bewirtschaftet einen Betrieb mit Ackerbau und Schweinemast mit einem Jahresumsatz von 900.000 €. Außerlandwirtschaftliche Umsätze hat er nicht. Gestaltungsmöglichkeit: Eine Möglichkeit, um die Umsatzgrenze einzuhalten, ist die Betriebsteilung. Die ist zwar aufwendig, aber praktisch erprobt und rechtssicher gestaltbar. So könnten zwei landwirtschaftliche Betriebe mit jeweils eigener Flächenbewirtschaftung eingerichtet werden. Oder ein Teil der Tierhaltung wird in eine flächenlose, gewerbliche Tierhaltung abgespalten. Der andere Teil des Betriebs kann dann weiter pauschalieren. Das ist gerade bei Ackerbau und Veredlung ein häufig gewähltes Modell. Wird Milchvieh gehalten, ist eine Teilung meist schwierig.

Beispiel für eine Tierhaltungsgemeinschaft

Horst Schlüters Betrieb umfasst Ackerbau und einen Schweinemaststall mit 1.200 Plätzen. Aus der Schweinehaltung kalkuliert er folgenden Umsatz: 1.200 Plätze x 3
Durchgänge x maximal 160 € je Schwein = 575.000 €. Gestaltungsmöglichkeit: Schlüter könnte seine Schweinehaltung in eine Tierhaltungsgemeinschaft ausgliedern. Eine solche Gemeinschaft bewirtschaftet i. d. R. selbst keine Flächen. Die Vieheinheiten, die für die landwirtschaftliche Tierhaltung erforderlich sind, übertragen die beteiligten Landwirte. Schlüter bräuchte hierfür einen weiteren Landwirt, der mit einem Anteil einsteigt. Vorteil dieser Gestaltung ist, dass der Umsatz der Tierhaltungsgemeinschaft auf die Tierverkäufe beschränkt ist. Diese Gemeinschaft wird
damit voraussichtlich knapp unter 600.000 € bleiben.

Beispiel für die Teilung von Sonderkulturbetrieben

Der Sonderkulturbetrieb Willi Hübner erzielt bisher Umsätze von etwa 1 Mio. € im Jahr. Die Produktewerden an Großhändler und auf Wochenmärkten verkauft. Ab Juli 2021 wird der halbe Betrieb an Sohn Hauke verpachtet, der bis Ende des Jahres noch einen Umsatz von 450.000 € erzielt. Gestaltungsmöglichkeit: Gerade für Sonderkulturbetriebe wird sich eine Teilung oft lohnen. Allerdings ist es in der Praxis schwierig, die bisher einheitliche Vermarktung aufzuspalten. In diesem Beispiel ist es denkbar, dass Vater und Sohn Hübner eine Vermarktungsgesellschaft einrichten. Hauke muss außerdem den Zeitpunkt, an dem er seinen Betrieb gründet, richtig kalkulieren, um die Pauschalierung im Jahr 2022 anwenden zu können. Denn der Umsatz seines im Juli neu gegründeten Unternehmens wird auf ein volles Jahr hochgerechnet – also 450.000 € x 12/6 = 900.000 €. Somit würde er die Pauschalierungsgrenze überschreiten.

Folgen einer Teilung im Blick haben

Die Teilung eines Betriebs erscheint auf den ersten Blick sinnvoll, um die Pauschalierung weiter anwenden zu können. Allerdings ist sie auch sehr aufwendig und stellt hohe Anforderungen an den Betriebsleiter. Die einzelnen Betriebe müssen z.B. wie fremde Dritte für sich einkaufen und die Erzeugnisse einzeln vermarkten. Mit den beteiligten Personen, meist sind das Familienmitglieder, müssen zivilrechtlich wirksame Verträge abgeschlossen und durchgeführt werden. Das hat auch zivilrechtliche Folgen. Bedacht werden müssen ebenfalls sozialrechtliche Folgen, etwa zum Thema Krankenversicherung.

Pauschalierung nicht um jeden Preis

Die Folgen einer Teilung machen deutlich: Allzu komplexe oder grenzwertige Gestaltungen können die Entwicklung Ihres Betriebes auch ausbremsen. Auch der gut geplante Weg in die Regelbesteuerung kann eine Perspektive sein.

($ 24 UStGi.d.E. des ]JStG 2020)

Bei der richtigen Weichenstellung begleiten wir Sie gern. Für eine fachliche Beratung wenden Sie sich an unsere Steuerberater der Landwirtschaftlichen Buchstelle.

Lesen Sie hier die gesamte Ausgabe der BLHV-Steuerinformation I/2021.