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Obstklau

Gemeinsam gegen Obstklau

Sobald die ersten Früchte auf den Feldern reif sind, werden vielerorts Personen beobachtet die ungefragt Obst und Gemüse ernten. Der Volksmund bezeichnet dies gerne verharmlosend als Mundraub. Tatsächlich handelt es sich hierbei um Diebstahl und damit um eine Straftat nach dem Strafgesetzbuch, erklärt der BLHV. Besonders besorgniserregend sind die Fälle, bei denen große Mengen an Obst oder Gemüse gestohlen werden, hier muss man davon ausgehen, dass organisierte Banden die Fäden ziehen. Der BLHV ruft daher Bürgerinnen und Bürger auf bei Spaziergängen oder Ausflügen besonders aufmerksam zu sein: Wer verdächte Personen beobachtet, die besonders Rabiat und in großer Eile ernten, sollte dies der Polizei oder falls bekannt den betroffen Landwirt melden. Für BLHV-Ortsvereine stellt der BLHV hier einen Aufruf für die Gemeindeblätter zur Verfügung. Hier wird nicht nur um mehr Aufmerksamkeit geworben, sondern auch darum geben selbst ein gutes Vorbild zu sein und keine Feldfrüchte ungefragt abzuernten. (Link zur PM)

Oft, so der BLHV, sei es Bürgerinnerinnen und Bürgern gar nicht klar, dass sie mit ihrem Handeln auch Folgeschäden verursachen oder sie kein grundsätzliches Recht haben landwirtschaftliche Flächen zu betreten. Es gilt jedoch, dass alle landwirtschaftlichen Flächen und die darauf wachsenden Früchte in Deutschland den Bäuerinnen und Bauern gehören. Das gilt selbstverständlich auch für Grundstücke, die nicht eingezäunt sind oder auch für Obstbäume entlang von öffentlichen Wegen (Lesen Sie hier mehr über das freie Betretungsrecht und seine Grenzen). Werden Bäume und Sträucher bei gesetzwidrigem Handeln geschädigt, müssen Obstdiebe neben einer Strafanzeige auch mit einer saftigen Schadenersatzforderung rechnen. Ergänzend erinnert der BLHV daran, dass landwirtschaftliche Flächen während der Vegetationsphase und Obst- und Beerenkulturen sogar während des gesamten Jahres ohnehin nur auf öffentlichen Wegen betreten werden dürfen.

Auf frischer Tat ertappt – Was nun?

Wird ein Einzeltäter auf frischer Tat ertappt sollte das Autokennzeichen notiert werden. Man kann zwar verlangen, aber nicht erzwingen, das er einem die Personalien gibt. Hierzu müsste man die Polizei holen. Bis die eintrifft, hätte man ein vorübergehendes Festnahmerecht. Dieses muss aber verhältnismäßig zur Tat ausgeübt werden, insbesondere im Falle von Widerstand. Weil es in der Regel um den Diebstahl „geringwertiger Sachen“ im Sinne des § 248 StGB (Diebesgut unter 50 Euro wert) darf die Besitzwehr nicht überzogen werden. Vom Festnahmerecht sollte man daher Abstand nehmen, ruckzuck ist man hier selber im Bereich der nicht mehr gerechtfertigten strafbaren Körperverletzung, wenn es ruppiger bzw. zur körperlichen Auseinandersetzung wird.

Eine Bildaufnahme des flüchtigen Täters ist aus „berechtigtem Interesse“ nur für die Rechtsverfolgung (also kein Einstellen zwecks Privatfahndung in soziale Netzwerke, das Bild darf man nur an die Polizei geben) zulässig. Ein Fahrzeug darf man dagegen immer fotografieren, wenn keine Person identifizierbar ist. Bei Aufstellung einer Überwachungskamera, ist dies durch ein Hinweisschild deutlich sichtbar anzuzeigen (z.B. Kamerasymbol auf blauem Grund), und die Kamera darf nur auf das private Grundstück ausgerichtet werden. Die Aufstellung des Kameraschildes erfolgt am Besten kombiniert zusammen mit einem „Betreten Verboten“- Schild. Die dauernde verdeckte und heimliche Videoaufzeichnung ohne Hinweis, eventuell noch dazu eines öffentlichen Wegabschnittes, ist kritisch zu sehen und unbedingt zu unterlassen. Ein Diebstahl geringwertiger Sachen stünde dazu wohl schnell außer Verhältnis.

Diejenigen Diebe, welche die großen Schäden anrichten, werden zumeist organisiert vorgehen und nachts, z.B. mit mehreren Autos Anreisen und einen Mittäter zum Schmiere stehen abordnen. Hier ist eine Entdeckung auf  frischer Tat eher unwahrscheinlich. Die sofortige Schadensdokumentation und eine Anzeige bei der Polizei gegen Unbekannt sind aber auf jeden Fall sinnvoll.

SWR-Bericht über „Tatort Bauernhof“

Über Obstklau wird auch immer wieder in den Medien berichtet. Für die Sendung „Zur Sache Baden-Württemberg“ hat der SWR unter anderem mit dem BLHV zusammengearbeitet und eine spannende Reportage über das Thema produziert. Zu sehen ist nicht nur Martin Linser, Winzer und Spargelbauer aus Freiburg, sondern auch verschiedene andere Landwirte, die auf dem Feld oder sogar am Marktstand bestohlen wurden. Besonders interessant ist das Interview mit Michael Schorr vom Polizeipräsidium Freiburg, in dem die organisierte Kriminalität erklärt wird, die hinter den großen Obstklau-Fällen steckt.

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Ernteaktion „Gelbes Band“

Immer wieder sieht man  Obstbäume oder Sträucher, die nicht abgeerntet werden. Mit der Ernteaktion „Gelbes Band“ ist es möglich, diese Bäume als „für die Allgemeinheit“ zugänglich zu markieren. Die Früchte kann dann jeder frei und kostenlos ernten.

Die Ernteaktion „Gelbes Band“ ist inzwischen in ganz Deutschland verbreitet. Der Landkreis Esslingen hat für die Umsetzung im Sommer 2020 sogar den Bundespreis „Zu gut für die Tonne!“ in der Kategorie Landwirtschaft und Produktion verliehen bekommen. Dort weist das Landratsamt kommunale Obstflächen im Landkreis mit einem gelben Band für Verbraucherinnen und Verbraucher zur privaten Ernte aus. Aber auch private Eigentümer von Obst- oder Nussbäumen und Sträuchern können über die Ernteaktion mit einem gelben Band am Stamm Bäume für die Allgemeinheit zur Ernte freigeben.
Baden ist ein Obstparadies. Allerdings bleibt auch so mancher Baum und Strauch ungeerntet und das Obst bleibt liegen und verrottet. Die Gründe sind vielfältig: Teilweise drängt die restliche Arbeit zu sehr oder altersbedingt ist es nicht mehr möglich, auf die Leiter zu steigen. Vielleicht ist der Bestand auf der Streuobstwiese aber auch einfach zu groß.
Über die Ernteaktion „Gelbes Band“ werden solche Bäume freigegeben für Menschen, die gerne ernten möchten. Ist der Baum oder Strauch während der Erntezeit so markiert, wird für Vorbeigehende erkenntlich, dass die Ernte freigegeben ist. Auf diese Art bringt das Ernteprojekt „Gelbes Band“  Obstbaumeigentümer, die zu viel Obst haben, und Menschen, die gerne selbst Obst pflücken möchten, aber keinen Baum haben, zusammen.

Eine weitere Initiative ist www.mundraub.org, eine Webseite, auf der frei zugängliche und beerntbare Bäume und Sträucher virtuell auf einer Karte vermerkt sind. Eigentümer können hier einen Eintrag machen und so die Ernte freigeben. Wichtig ist, den Eintrag wieder zu entfernen, wenn in einem anderen Jahr anders mit der Ernte umgegangen werden soll.  Auf der Webseite sind einige Regeln festgehalten, wie beispielsweise, dass jeder das Obst auf eigene Gefahr erntet. Jegliche Haftung für Sach- oder Personenschäden seitens des Grundstückeigentümers ist ausgeschlossen. Aber auch, dass nur die markierten Bäume abgeerntet  und nicht beschädigt werden dürfen. Zudem ist es unzulässig, Obst aus der Aktion für kommerzielle Zwecke zu verwenden.

Kommentar: Schlaraffenland

Von Frühling bis zum Herbst gleicht unser schönes Südbaden einem Schlaraffenland. Spargel, Erdbeeren, Kirschen, Äpfel, Trauben, Kürbisse und viele weitere Köstlichkeiten reifen auf den Feldern heran und warten darauf, geerntet, verzehrt oder veredelt zu werden. Jeder, der sich in dieser Zeit in der freien Landschaft bewegt, ist der ständigen Versuchung ausgesetzt, einfach zuzugreifen und zu genießen, was die Natur ihm anbietet. Traurig, aber wahr ist, dass immer weniger dieser Versuchung widerstehen können und nicht verstehen, dass der Griff zur Frucht am fremden Baum keine Lappalie ist, sondern Diebstahl. Dabei macht es keinen Unterschied, ob man nur ein kleines bisschen stiehlt oder mehrere Taschen bis hin zu ganzen Anhängern füllt. Kein anständiger Mensch kommt auf die Idee, seinen Nachbarn einfach Münzen aus der Sparbüchse zu klauen, auch wenn die Büchse voll ist und der Verlust nicht auffallen würde. Man macht es nicht, weil es Diebstahl ist, und dieser ist in unserer Gesellschaft eigentlich geächtet.
Warum also fällt es vielen Menschen so leicht, sich einfach an Obst und Gemüse zu bedienen, das ihnen nicht gehört? Ich denke, es liegt an dem fehlenden Verständnis für die Arbeit, die Landwirtinnen und Landwirte in die Pflege der Pflanzen stecken, damit diese Früchte tragen können, und dass sie von dieser Pflege leben, indem sie die Ernte verkaufen. Der Obstklau ist demnach ein weiteres Symptom der Entfremdung unserer Gesellschaft von der Landwirtschaft. Sie schreitet leider ungebrochen voran. Und
das wiederum ist noch ein weiterer Grund, weshalb Landwirtschaft endlich ein Schwerpunkt in der Schule werden muss.

Padraig Elsner